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Danke

Mit 26 sollte man nicht Halbwaise werden. Mit 73 sollte man nicht sterben. Mein Vater ist vor einem Monat gestorben.

Es war eine lange, mühsame Zeit für ihn im Krankenhaus. Fast 3 Monate lag er dort, und obwohl es zwischenzeitlich besser zu gehen schien, reichten am Ende seine Kräfte nicht mehr aus.

Zwei Wochen lang konnte ich den Tod kaum realisieren. Zu groß war meine Hoffnung, zu intensiv der Kontakt in dieser Zeit, als dass ich mir hätte vorstellen können, dass seine Kräfte nicht mehr ausreichen könnten.

Erst langsam kommt die Erkenntnis, dass ich nie wieder mit ihm reden werde, nie wieder seinen Rat erfragen kann. Immer wieder sind meine Augen voller Tränen, immer wieder weine ich gleichzeitig still und aus dem Innersten heraus.
Was mich in diesen Tagen bewegt, ist aber weniger die Trauer als eine tiefe Dankbarkeit.

Ein Großteil meines Wissens, meiner Interessen, meiner Werte haben meine Eltern geprägt. Wenn ich mein Interesse für Journalismus, für Politik zurückverfolge, lande ich in meiner jüngsten Kindheit. Dort, im Alter von ca. 6 Jahren, habe ich die Tagesschau mit angesehen und meine Eltern immer wieder gefragt, wenn ich etwas für mich Interessantes nicht verstanden habe. Später notierte ich mir Stichwörter auf Zetteln, weil meine Fragen diese 15-minütige Sendung wohl gesprengt hätten.

Mein Vater hat sich in solchen Situationen immer die Zeit genommen, mir zuzuhören, mir meine Fragen zu erklären und, noch viel wichtiger, meine Interessen und meine Neugier gefördert.

Sowohl meinem Bruder als auch mir waren meine Eltern eine unglaubliche Stütze. Selbst als ich erkannte, dass mein erstes Studium nicht das richtige war, haben sie mich unterstützt, anstatt mir Druck zu machen. Es gab viele dieser Situationen, in denen mein Vater mir weiterhalf – besonnen, rational, aber auch voller Empathie. Und diese Hilfe erstreckte sich nicht nur auf seine Kinder, seine Familie. Auch seinen Studenten an der Uni half er oftmals mehr, als das zu erwarten gewesen wäre.

Seine Freude und sein Spaß für das Wissen und das (Geistes)wissenschaftliche war rein und kam aus ihm heraus. Nie habe ich ihn abgehoben oder elitär erlebt. Obwohl er in Cambridge studiert hatte, ließ er selbst seinen Doktortitel meistens unerwähnt.
Ich werde wohl mein ganzes Leben damit zubringen, herauszufinden, welche Sprüche seine eigenen und welche aus Theaterstücken stammten. Er zitierte nicht aus Koketterie, sondern weil er es für gut formuliert fand.

Ich bin zutiefst dankbar für diese Unterstützung, diese Freude, dieses Verständnis. Sollte ich einmal selbst Kinder haben, möchte ich nur halb so viel richtig machen.

Meinem Vater lag viel an der Aktion „Stolpersteine“, das pflastersteingroße Mahnmale vor Häusern von deportierten Juden, Sinti und Roma und weiteren Minderheiten hinterlegt.

Wer diese Aktion unterstützen möchte, kann gerne das folgende Konto verwenden:

Spendenkonto „Stolpersteine“ Stadtsparkasse Magdeburg

Verwendungszweck: 37994311/Stolpersteine

Stichwort: Martini

IBAN: DE02 8105 3272 0014 0001 01

BIC: NOLADE21MDG

Kontoinhaber: Landeshauptstadt Magdeburg

Über den Autor:

Ich habe als Journalist und Social-Media-Experte für t-online.de, die dpa und stern.de / Gruner + Jahr / RTL gearbeitet. Hier schreibe ich unter anderem über Facebook, Twitter, Instagram, LinkedIn, TikTok und andere Themen rund ums Online-Marketing.

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