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ChatGPT im Journalismus: Wie Redaktionen mit künstlicher Intelligenz umgehen

Das Thema künstliche Intelligenz treibt auch den Journalismus um: Unterstützen oder zerstören die Algorithmen den Journalismus oder liegt die Wahrheit am Ende doch wieder in der Mitte? Diese Sammlung zeigt die aktuellen Haltungen von Redaktionen.

Wie gut Journalismus und generative AIs zusammenpassen, ist noch nicht klar. Vor allem ist sich die Branche darüber uneins. Dieser Artikel fasst die aktuellen Haltungen der Verlage und Redaktionen zusammen.

Befürworter

FAZ: Erste Tests mit automatisch gekürzten Inhalten

Die FAZ setzt künstliche Intelligenz bereits produktiv ein: In der FAZ-App können Abonnenten lange Artikel per Artificial Intelligence kürzen lassen. Die Funktion soll laut Produkt-Chef Nico Wilfer gezielt eingesetzt werden, um das Abo attraktiver zu machen.

Kölner Express: KI schreibt Artikel unter Pseudonym

Beim Kölner Express schreibt eine KI unter dem Pseudonym „Klara Indernach“ bereits komplette Artikel. Der Express schreibt dazu laut SZ, KI sei „kein Ersatz für unseren Journalismus und menschliche Kompetenz.“

Auf LinkedIn zeigt sich Kölner Stadt-Anzeiger Medien begeistert: Klara ist „stets gut gelaunt und man darf sie auch schon vor dem ersten Kaffee ansprechen“, außerdem arbeitet sie „nicht nach dem klassischen Nine-to-Five-Prinzip, sondern sie ist immer da, wenn man sie braucht“. Messbare Erfolge habe es bereits gegeben.

BILD und Welt experimentieren mit ChatGPT-Plugins

Axel Springer war der erste deutsche Verlag, der eine eigene KI auf den eigenen Websites anbietet. Umgesetzt wurde „hey_“ mit Open AI, außerdem hat Axel Springer auch Plugins für ChatGPT entwickelt. Im November 2023 sprach Mathias Döpfner im Podcast „media confidential“ über „AI and the futue of Journalism“: Die Ersteller von Inhalten müssen geschäftlich an den AI-Modellen beteiligt werden, die mit ihren Inhalten trainiert werden. Traditionelle Workflows werden überarbeitet oder abgeschafft – das werde eine Fokussierung auf spannendere Teile der Arbeit möglich machen. Das Geld, was hier gespart werde, solle genutzt werden, um die Investigativ-Teams zu verdoppeln oder verdreifachen.

Buzzfeed: KI schreibt Quiz „und mehr“

Im internationalen Bereich gehörte Buzzfeed zu den ersten Redaktionen, die Quiz einsetzen wollten: Für Quiz und „mehr“. Inzwischen schreibt die Buzzfeed-KI auch komplette Artikel, darunter vor allem für Suchmaschinen optimierte Reise-Guides.

Funke: Ein eigener Head of AI

Eigene Anwendungen hat Funke bislang (noch) nicht veröffentlicht. Das könnte sich aber demnächst ändern: Chief Data Officer Jonas Rashedi ist aktuell auf der Suche nach einem Head of AI, der eine eigene Stabsstelle aufbaut.

SWR: 15 konkrete Use Cases und ein eigenes ChatGPT

Der SWR hat mit Johannes Schmid-Johannsen bereits einen eigenen KI-Koordinator, der im Sender nach Ideen für den Einsatz sucht. Aus mehr als 160 Einreichungen hat der SWR schließlich 15 konkrete Use Cases kondensiert. Unter anderem möchte der Sender ein eigenes ChatGPT umsetzen, das Daten und Quellen sicher und geschützt behandelt.

Neutral bis abwartend

dpa: Transparenz und Kontrolle durch Menschen

Die Deutsche Presse-Agentur legt sich selbst fünf Guidelines zum Umgang mit künstlicher Intelligenz auf: Grundsätzlich ist die Agentur offen für den Einsatz der Technologie und ermuntert ihre Mitarbeiter zum Experimentieren.

Die Bedingungen dafür: Die letzte Entscheidung treffen nach wie vor Menschen, die KI muss sich an geltendes Recht halten und Missbrauch soll möglichst ausgeschlossen werden. Mit KI erstellte Inhalte sollen immer transparent gekennzeichnet werden.

BBC: Drei Prinzipien für den Umgang mit Generative AI

Die BBC wählt einen vorsichtigen Weg des Experimentierens mit künstlicher Intelligenz: Von den ersten Radioübertragungen und dem Farbfernsehen bis hin zum mobilen Web habe die BBC immer neue Technologien eingesetzt, allerdings auch immer mit eigenen Werten.

Für AI bedeutet das: Generative AI soll eingesetzt werden, um den eigenen Wert für die Zuschauer:innen zu steigern. Talente und kreative Arbeitsweisen sollen immer wichtiger sein. Und die BBC verspricht einen transparenten Umgang und dass alle Inhalte immer von Menschen kontrolliert werden.

ZDF: Generative KI unterstützt die Redaktion, ersetzt sie aber nicht

Das ZDF hat sich ebenfalls eine ganze Liste an Grundsätzen für die Arbeit mit KI-Tools verordnet. Dazu gehört vor allem: KI-Tools können die Redaktion unterstützen, sollen die journalistische Arbeit aber nicht ersetzen. Mit künstlicher Intelligenz produzierte Inhalte werden transparent gekennzeichnet und alle Inhalte werden nach dem Zwei-Quellen-Prinzip überprüft, die KI-Texte selbst zählen dabei nicht als Quelle.

DJV: Redaktionen müssen über Einsatz entscheiden

Der Deutsche Journalisten-Verband positioniert sich selbst nicht für oder gegen den Einsatz von künstlicher Intelligenz, fordert aber Regeln von Verlagen und Medienunternehmen ein. Die Entscheidung über den Einsatz von KI solle aber bei den Redaktionen liegen. Im November hat der DJV zudem gemeinsam mit anderen Journalisten-Verbänden die sogenannte Paris-Charta unterzeichnet.

Main Post: Kein Inhalt entsteht ausschließlich durch KI

Bei der Main Post hat es das Thema KI direkt in die journalistischen Leitlinien geschafft. Dort heißt es: „Kein Inhalt entsteht ausschließlich durch KI. KI verarbeitet Inhalte, die vorab von unseren Redaktionen recherchiert, geschaffen und geprüft wurden. Zum Beispiel können aus langen Texten durch KI kürzere Formate entstehen, oder KI kann Texte in andere Sprachen übersetzen. Die Redaktion prüft die Qualität der Ergebnisse.“

Skeptiker und Gegner

AP: Mit ChatGPT dürfen keine publizierbaren Inhalte geschrieben werden

Die Standards- und Inklusions-Expertin Amanda Barrett hat der AP eine klare Linie verordnet: Journalisten dürfen zwar mit ChatGPT experimentieren, allerdings keine Inhalte von Künstlichen Intelligenzen zum Publizieren verwenden.

Mehr noch: Sie müssen sicherstellen, dass sie nicht aus Versehen KI-Inhalte verwenden und vertrauliche Inhalte von allen KI-Tools fernhalten. Die AP selbst werde zudem keine AI-Algorithmen nutzen, um Fotos, Videos oder Audios zu verändern oder Bilder zu erstellen. Als Geschäftsmodell sieht die AP allerdings Chancen: Open AI darf mit AP-Inhalten die eigenen Algorithmen trainieren.

Updates:

26.10.: Stellungnahmen von ZDF und DJV ergänzt
30.11.: Podcast mit Mathias Döpfner und Charta der DJV ergänzt
18.01.: Main Post ergänzt

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Über den Autor:

Ich habe als Journalist und Social-Media-Experte für t-online.de, die dpa und stern.de / Gruner + Jahr / RTL gearbeitet. Hier schreibe ich unter anderem über Facebook, Twitter, Instagram, LinkedIn, TikTok und andere Themen rund ums Online-Marketing.

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